Abschied von unserer Schule und die ersten Reiseerfahrungen
Lange habt ihr
nichts von uns gehört und deswegen gibt es hier endlich mal wieder
ein Update. Viel ist passiert, weshalb dieser Post eeetwas länger
geworden ist. :D
Inhalt: Traditionsreiche Hochzeit/ Pizza?! Oder doch nicht?/ Katharinas in Aktion/ Abschied von Kotagiri-vorerst/ Von Kanyakumari nach Vellore
Traditionsreiche Hochzeit
Anfang Dezember
haben wir an einem der Wochenenden wieder ein Tribal Village besucht
und dort dieses mal Seedballs mit den Kindern geworfen. Von diesem
Projekt zur Wiederaufforstung Tamil Nadus habt ihr sicher in unserem
letzten Blogpost gelesen (falls nicht, bitte nachholen!😁).
Bei dem diesmaligen
Säen der Seedballs handelt es sich um einen Teil des von Island
Trust initiiertes Pilot Projekt, bei welchem schon vor März nächsten
Jahres ein paar Bereiche der näheren Umgebung Kotagiris beflanzt
werden.
Es war faszinierend,
zuzusehen, wie viel Spaß die Kinder dabei hatten und wie das Kümmern
um die Natur zur Gruppenaktivität wurde.
Außerdem sind wir noch einer fabelhaften Aussicht über den Weg gelaufen😋 |
Wir waren außerdem Anfang Dezember wie an der christlichen Hochzeit im November bei einer hinduistischen Hochzeit in Mettupaluyam eingeladen (übernachtet haben wir erneut in Udayakumars Haus, wie auch an Diwali). Das Brautpaar war sehr wohlhabend und so fand die Hochzeit in einer riesigen Halle mit Bühne, Bildschirm, Musikband und 5 Kameramännern samt haufenweise Assistenten statt.
Die Hochzeit
erstreckte sich über 2 Tage, wobei wir am ersten Tag der Abend- und
am zweiten Tag der Morgenveranstaltung beiwohnten.
Abends wurde dem
Brautpaar zunächst von versammelter Gästemannschaft einzeln
gratuliert und dann wurde ein Gruppenfoto je eingeladene Familie
gemacht.
Bei den (wie uns
mitgeteilt wurde) rund 2000 Gästen, hat der Prozess entsprechend
lange gedauert.
Den Gästen wurde
aber währenddessen nicht langweilig, denn wenn man dem Zusehen
dieses Schauspiels müde wurde, dann ging man einfach zu Abend essen.
An einem riesigen
Buffet, was sich über die Halle hinaus in den Hof erstreckte, wurden
alle Speisen serviert, welche der indische Magen begehrt.
Idly, Dossa, Reis,
verschiedene Soßen, Palam mit Kokosmilch, asiatische Nudelpfanne und
diverse Süßspeisen – eigentlich waren wir schon nach unserem
ersten Teller satt, jedoch wollten wir uns die Köstlichkeiten dieser
Veranstaltung nicht entgehen lassen.
Vorteil für uns war
auch, dass das Essen komplett vegetarisch war und so mussten wir uns
keine Gedanken machen, dass die Feier wieder in einem
Krankenhausbesuch endet.
Nur beim angebotenen
Eis zögerten wir.
Normalerweise wird
davon abgeraten in Indien Eis zu konsumieren, da es nicht entkeimtes
Wasser enthalten kann.
Doch unsere Eis
entwöhnten Mägen sehnten sich nach einer westlichen Süßigkeit und
so probierten wir uns genüsslich – aber mit etwas Angst – durch
die verschiedenen Eissorten (zugegeben es war abgepackt, also war das
Risiko geringer, dass wir uns davon den Magen verstimmen).
Von Fotografen umzingelt^^ |
mal wieder gab es Zuckerwatte :D |
Die riesige Essenshalle |
eine Auswahl der Süßspeisen |
Die Herstellung von Dosa |
Am nächsten Morgen mussten wir um 5 Uhr aufstehen, denn es wurden die typisch hinduistischen Hochzeitsriten durchgeführt.
Als wir an der
Hochzeishalle ankamen, befand sich das Brautpaar schon mitten in der
Zeremonie. Dazu gehörte unter anderem, dass verschiedenes Obst
gesegnet wurde. So wurde zum Beispiel eine Kokusnuss und Bananen mit
Räucherstäbchen bestückt und über ein kleines Feuer gehalten.
Als Highlight der
Hochzeit wurde der Frau vom Mann eine Kette um den Hals gebunden, was
symbolisch für die Bindung der Frau zum Mann steht (vergleichbar mit
einem Ehering bei uns).
Eine Kette für den
Mann gibt es jedoch nicht.
Anschließend wurde
das Brautpaar gesegnet, indem die Gäste sie mit Reis bewarfen.
Nun begannen die
Gesegneten mit ihren Familien in einem Kreis auf der Bühne zu
laufen, worauf folgend der Braut Zehenringe angelegt wurden.
Danach ging es nach
draußen: schließlich musste das Brautpaar noch „den Stern sehen‘‘ - eine hinduistische Tradition, obwohl man an dem Himmel,
welchen wir um halb sieben zu Gesicht bekam, keinen einzigen Stern
mehr erkennen konnte.
Statt dem Stern war
aber das Blitzlichtgewitter der Fotografen zu sehen, welche auch
während dieses Events nicht von dem Brautpaar abließen.
Anschließend gab es
das lang ersehnte Frühstück, wobei jedem Gast dasselbe Gaumen
schmeichelnde Gericht auf einem Bananenblatt serviert wurde.
Dann ging es für
uns wieder zurück in die Berge, wobei wir diesem in einem
vergleichsweise leeren Bus fahren konnten (d.h. wir hatten die 2 ½
Stunden Fahrt über Sitzplätze).
Pizza?! Oder doch nicht?
Außerdem sind im Dezember in einem unserer Nachbarräume für einen Monat 3 Master Studenten aus Mumbai eingezogen. Die Drei haben in einer anderen Hilfsorganisation in Kotagiri ihre „field work“ absolviert, eine Art Praktikum, welches einen Teil ihres Studiums darstellt.
Mit ihnen haben wir
den Kodanad View Point besucht (sehr kalt und windig, aber die
Aussicht war gut), und sind anschließend zu einem westlichen
Restaurant gelaufen, um dort (nach über zwei Monaten eeendlich mal
wieder) Pizza zu essen.
Wir waren also
frohen Mutes, als wir das Restaurant betraten (in dem es sogar eine
Toilette gab, in Indien kein Standard) und unsere Bestellung
aufgaben.
Der Kellner
verschwand und so plauderten wir über das Leben.
Nach einiger Zeit
kam er jedoch zurück und brachte die grausame Botschaft, dass sie im
Moment keine Pizza servieren könnten (warum auch immer).
So mussten wir dann
traurig mit den Burgern Vorlieb nehmen (welche wir streng genommen
gar nicht hätten essen sollen, da sie natürlich auch mit Salat
belegt waren und dieser leider auch meistens mit Leitungswasser
gewaschen wird).
Außerdem zeigte uns
einer der drei Studenten (es waren zwei junge Frauen und ein junger
Mann) mit Namen Subham einen hinudistischen Film, der sich sehr vom
typischen Bollywood Kitsch abhebt. Der Film heißt „Newton“ und
behandelt einige interessante Themen, deswegen wollen wir ihn euch
hier kurz vorstellen. Allerdings könnte man jedem dieser Themen
einen eigenen Blogpost widmen, deshalb hier die Empfehlung: schaut
euch den Film einfach mal an. Selbst für Menschen, die eigentlich
nichts mit Indien am Hut haben, ist er meiner Einschätzung nach
wirklich sehenswert.
Aber jetzt zum
wesentlichen: Die Hauptperson des Films ist ein Mann mit Namen
Newton. Tatsächlich dreht es sich aber so gut wie gar nicht um
Physik, sondern das Hauptthema ist die Auslebung der Demokratie in
Indien. Newton ist bei den Parlamentswahlen als Reservekraft
eingeteilt und landet so kurzfristig in einem Problemgebiet, um dort
das Wahllokal zu betreuen. Das Dorf, zu dem er geschickt wird, ist
sehr abgelegen und es gibt nur 70 wahlberechtigte Personen. Trotzdem
nimmt er seinen Job sehr ernst und versucht, so viele Menschen wie
möglich zum wählen zu bewegen. Dabei stellen sich ihm aber diverse
Hindernisse in den Weg: Zum einen
wird die Region
immer wieder von den Anschlägen kommunistischer Rebellen
heimgesucht, die die Wahlen zu Verhindern versuchen. Die Armeekräfte,
die zum Schutz der Bevölkerung in dem Gebiet stationiert wurden,
sind hochgradig korrupt und haben die Häuser des Dorfes, wohin
Newton geschickt wird, abgebrannt um die Bevölkerung in die
Umsiedlung in Camps zu zwingen und damit ihre eigene Arbeit zu
erleichtern. Sie würden die Wahlen am liebsten komplett sein lassen
und versuchen Newton mit allen Mitteln und bis zum Schluss davon
abzubringen, das Wahllokal in Betrieb zu nehmen. Das größte Problem
aber ist die Desinteresse und die Unwissenheit der indigenen
Bevölkerung. Die Menschen haben die Namen der Kandidaten bis zu
diesem Tag noch nie gehört, sie kennen die Parteien nicht und wissen
nichts mit der Maschine, die zum Wählen genutzt wird, anzufangen. Es
sind noch nie Menschen in ihre Heimat gekommen, um Wahlkampf zu
betreiben. Und vor allem hat sich auch noch nie eine Regierung darum
geschert, was die Menschen hier brauchen, wodurch sie auch im Wählen
keinen Sinn sehen. Als Newton verzweifelt versucht, ihnen die
Grundlagen der herrschenden Demokratie zu erklären ist die einzige
Frage der Menschen, welcher der zur Wahl stehenden Politiker ihnen
faire Preise für ihr Gemüse geben wird. Das konnte selbst Newton
ihnen nicht beantworten.
Schließlich
„wählen“ die anwesenden Dorfbewohner doch, aber nur aus dem
Dilemma heraus, das die Rebellen ihnen zwar etwas antun könnten,
wenn sie wählen, die Polizei (sie hatte die Dorfbewohner zuletzt
gezwungen, zum Wahllokal zu kommen) es aber tun wird, wenn sie nicht
wählen. Das, was weltweit als größtes Symbol der Demokratie und
der Freiheit angesehen wird, ist den Menschen in diesem abgelegenen
Dorf verhasst; sie wünschen sich nur diese Quelle ständiger
Probleme los zu sein.
Neben diesem
brisanten Thema wird außerdem das Verhältnis der indischen
Gesellschaft zur Ehe und die Behandlung von Frauen aufgegriffen. Ein
Film, der einen zum Nachdenken bringt. Demokratie wird, gerade bei
uns, von vielen als etwas Heiliges angesehen. Aber man sollte nicht
vergessen, dass es vor allem bedeutet, dass das Volk an erster Stelle
steht.
Nach diesem etwas
ernsteren Thema jetzt wieder was schönes: einen Tag, bevor wir als
auch unsere Mumbaier Freunde wieder von Kotagiri aufbrachen, machten
wir uns nochmal auf Richtung Pizza-Laden. Und siehe da, endlichen
haben auch wir unsere Pizza bekommen! Der verwendete Teig resultiert
nicht wirklich in dem, was wir unter einem Pizzaboden verstehen, aber
trotzdem war es endlich mal wieder der Geschmack von daheim (vor
allem der sich auf der Pizza befindende und hier sonst so gut wie
nirgends aufzutreibende Käse lies mein Herz höher schlagen^^).
Katharinas in Aktion
Es gibt außerdem
noch einige Ereignisse, von denen wir euch gerne erzählen möchten.
Zum einen konnten
wir unserer Schule endlich die Spielsachen (Bälle, Springseile,
Hulla Hubs und ein Volleyballnetz) kaufen! Die Kinder waren
begeistert, wir lassen man die Bilder für sich sprechen.
Auch die Lehrerinnen
haben einige der Spielsachen ausprobiert und ihre Freude daran
gefunden.
Etwas traurig ist
nur, dass die Kinder nicht so viel Zeit am Tag zum Spielen bekommen,
da sie immer nachmittags für ca 10-15 Minuten an die Spielsachen
können. Mal schauen, ob wir die Lehrer noch davon überzeugen
können, den Kindern auch während der Pause vormittags eine
„Spielzeit“ zu gewähren.
Dafür haben wir
zunächst einen kleinen Infotext geschrieben und auf Tamil
übersetzten lassen, so dass eine der Lehrerinnen ihn den Kindern
vorlesen konnte. Darin haben wir kurz erklärt, dass Plastik nicht
biologisch abbaubar ist und deswegen nicht einfach verschwindet, wenn
man es in die Natur wirft. Dann haben wir die Kinder mit einigen
Müllsäcken ausgestattet und sind mit ihnen zum Müllsammeln nach
draußen gegangen.
Sie haben das Ganze
wie eine Art Rennen gesehen und hatten sehr schnell viele
Plastikverpackungen, Flaschen oder bedrucktes Papier aufgesammelt und
hatten dabei sogar Spaß.
Der kleinen Platz
vor dem Schultor sah danach aus wie gewienert, zu unserer
Enttäuschung hielt das aber nicht sehr lange. Nach ca. einer Woche
lagen wieder zahlreiche Süßigkeitenverpackungen und sonstiger Müll
herum. Es ist wohl noch ein langer Weg, eine Gesellschaft, die so
daran gewöhnt ist ihren Müll als entsorgt anzusehen, sobald er sich
nicht mehr in der eigenen Hand befindet, auf die negativen Folgen
dieses Verhaltens aufmerksam zu machen und sie zum Überdenken des
eigenen Handelns zu bewegen.
Als ehemalige Angehörigen des Physik LK haben wir es uns natürlich auch nicht nehmen lassen, ein physikalisches Experiment mit den Kindern durchzuführen: Kristalle selbst züchten.
Einige von euch
kennen es sicherlich. Einfach etwas Wasser in einen Behälter, über
welchem ein Faden befestigt ist, Salz rein und warten.
Die Kinder waren
sehr begeistert und fragten gleich am nächsten Tag, wann denn die
Kristalle zu sehen seien. Wir mussten sie mit der Erklärung
vertrösten, dass das ganze einige Tage dauert.
Sobald diese Aktion
erste Resultate zeigt, bekommt ihr nochmal ein Bild.
Die fertigen Briefe |
Diese haben wir mit
den Kindern in unseren Klassen beantwortet und eingesammelt, wobei
wirklich wunderschöne Exemplare herausgekommen sind. Die Kinder
waren total aufgeregt, als wir ihnen erklärt haben, was wir ihnen da
mitgebracht haben und dass sich in den Umschlägen wirklich
Nachrichten von Kindern aus Deutschland befinden. Begeistert hat
jede/r seinen bzw. ihren Brief vor den Klasse vorgelesen.
In ihren
Antwortbrief haben wir sie dann auch ihr Lieblingsgericht nennen
lassen, was sie sichtlich gefreut hat. Gewundert haben wir uns über
die Offenheit der Kinder. Viele von ihnen haben ,,Love‘‘ oder ,,I
love you‘‘ in ihren Brief geschrieben bzw. Herzen gemalt. Und
sowohl Mädchen als auch Jungen haben mit großer Sorgfalt die
verschiedensten Zeichnungen zu Papier gebracht.
Diese Briefe werden
wir nun so bald wie möglich zurück nach Deutschland schicken, denn
die Kinder in unseren Klassen haben uns schon nach den Antworten auf
ihre Briefe gefragt. :P
Auf dem Gelände der Highschool |
Zum krönenden
Abschluss unserer Zeit an dieser Schule gingen wir an diesem Tag mit
den Kindern der dritten bis fünften Klasse los und führten wie
schon in dem tribale village eine Seedball-throwing Aktion durch.
Thiru und Kumar hatten einen riesigen Sack voller Seelballs zu der
Schule gebracht, und so nahm sich jedes Kind soviel es tragen konnte
und wir stapften alle zusammen durch das Dorf Kaircombai, um die Bälle
dann auf dem Gebiet der örtlichen Highschool auf ungenutztem Land zu
säen.
Abschied von unserem Lieblings-Kioskbesitzer |
und hier nochmal in ganzer Pracht auf einer unserer Dachterassen😁 |
Anschließend ging es für uns nochmal zur Milidhane school, an der wir zu Beginn unserer Zeit hier unterrichtet hatten. Dort führten wir das Pozedere nochmals durch und säten die Bälle auf dem Schulgelände und um deren Sportplatz herum. Auch hier hatten die Kinder sehr viel Spaß.
Abends veranstaltet
Island Trust dann noch eine „christmas choral function“, zu der
diverse Chöre und Gruppen der näheren Umgebung eingeladen waren.
Von tanzenden Weihnachtsmännern bis singenden Nonnen war alles
dabei. Auf Drängen Alphonse‘ hatten wir eine improvisierte Version
des Klassikers „In der Weihnachtsbäckerei“ einstudiert und gaben
diese ebenfalls zum Besten. Was soll ich sagen, jede deutsche
Musikschule und vermutlich auch unsere Musiklehrer hätten uns
wahrscheinlich erstmal zurück in die musikalische Früherziehung
gesteckt, aber den Indern schien es zu gefallen. :D
Abschied von Kotagiri- vorerst
Nach einer eher
unspektakuläreren Examenswoche machten wir uns am 21. Dezember mit
Alphonse und seiner Familie auf in den Süden, um Weihnachten im Distrikt Kanyakumari zu verbringen.
Unsere Freunde aus
Mumbai verließen Kanyakumari am selben Tag und so verabschiedeten
wir uns von ihnen, mit dem Plan sie im Februar in Mumbai zu besuchen.
In Kanyakumari
angekommen, machten wir uns erstmal daran mit Alphonse und seiner
Familie das Ferienhaus sauber zu machen, welches die Mäuse seit
letztem Weihnachten als Unterschlupf missbraucht hatten. Als wir dann
abends erschöpft in unsere Betten fielen, wurden wir vor die
schwierige Aufgabe des Einschlafens gestellt, denn wir schliefen ohne
Matratze auf einem hölzernen Bettgestell, welches nur von einigen dünnen
Matten bedeckt war.
Nach dem Aufwachen
hatte ich erstmal Rückenschmerzen und lebte außerdem vor dem
Einschlafen in panischer Angst, mich an der kranken Katharina S
anzustecken, da wir uns ein Bett teilten.
Die Weihnachtsfeier
selbst war tatsächlich etwas anders als in Deutschland, so gab es
nicht so viel Essen wie bei uns (also es gab genauso viel wie
immer, was schon viel ist) und nicht alle Familienmitglieder
beschenkten jeden.
Stattdessen wurde
gewichtelt, jedoch mit dem Zusatz, dass das Geschenk vor der
Namensziehung gekauft wurde (das bedeutet jeder hat random irgendwas
bekommen, meistens Küchenutensilien).
Auch gibt es hier
offenbar den Brauch, dass einer der Anwesenden die anderen mit einem
kleinen Kuchen füttert, welcher geschmacklich ein wenig an
Hustensaft erinnerte (passend zur Krankheit der Katharina S).
Ansonsten wurden
viele Familienmitglieder besucht, was hier nicht weiter ausgeführt
wird.
Einige Eindrücke von Kanyakumari:
Einige Eindrücke von Kanyakumari:
Eine der vielen weihnachtlich geschmückten Kirchen |
Das Häuschen in einem Wald aus Gummibäumen |
Von Kanyakumari nach Vellore
Am Samstag war es
dann soweit. Gegen Mittag stiegen wir mit Vinoba ins Auto und
verließen den Gummibaumwald, der uns für die letzten Tage ein
wirklich schönes Zuhause gewesen war. Alphonse würden samt Familie
am nächsten Tag aufbrechen, um weitere Verwandtschaft zu besuchen.
Wir waren von Father Roy, einem Pfarrer aus Mörlenbach, der in der
Nähe von Chennai wohnt, eingeladen worden ihn über Silvester zu
besuchen.
Also begleitete uns Vinoba im Bus bis nach Nagercoil, wo wir dann in einen Sleeperbus umstiegen. Nachdem wir von allen Anwesenden verabschiedet wurden und noch ein frohes neues Jahr in die Runde gerufen hatten, wurden wir in die Obhut des Menschen von unserem Busunternehmen gegeben. Denn, was wir bisher auch nicht wussten, ziemlich jedes Busunternehmen hat ein kleines "Büro" an größeren Busbahnhöfen, an denen man auch Tickets reservieren kann. Wir waren auf dem offiziellen Busbahnhof im Nagercoil angekommen, an dem die Regierungsbusse anhielten und zugegeben, der war schon riesig. Aber dir Privatbusse, wozu die sleeperbusse in der Regel auch gehören, haben nochmal einen ganz eigenen Bahnhof.
Und dann der Bus selbst. Beim Einsteigen wurden wir gefragt, ob wir beim ersten Halt für ein schnelles Abendessen geweckt werden wollten. Fast wie daheim :D
Das Businnere bestand nur aus Betten, die jeweil in zwei
Etagen angebracht und mit sauberen Bezügen, Kissen, Decken und
Vorhängen ausgestattet waren.
So verbrachten wir also eine ziemlich angenehme Nacht on the road. Der Bus war außerdem klimatisiert, was den Ticketpreis zwar verhältnismäßig ordentlich in die Höhe getrieben hatte, uns aber vor den tausenden von Moskitos bewahrte, die bei einem Standard sleeperbus durch die offenen Fenster gekommen wären.
So verbrachten wir also eine ziemlich angenehme Nacht on the road. Der Bus war außerdem klimatisiert, was den Ticketpreis zwar verhältnismäßig ordentlich in die Höhe getrieben hatte, uns aber vor den tausenden von Moskitos bewahrte, die bei einem Standard sleeperbus durch die offenen Fenster gekommen wären.
Abends am Busbahnhof |
Tja, was soll man sagen. Vermutlich erfüllt diese Art von Bus nicht die deutschen Sicherheitsanforderungen, aber ich finde es sollte sie trotzdem überall geben. Es ist wirklich super angenehm, wenn man im Bus tatsächlich ein richtiges Bett hat, das zugegeben auch zehn mal bequemer war als die Holzbretter, auf denen wir die letzten Nächte verbracht hatten. Ich habe Nachtfahrten in deutschen Reisebussen immer gehasst, weil es mir ziemlich unmöglich schien, ordentlich darin zu schlafen. Aber das hier war etwas ganz anderes.
Leider wurde dieser ganze Komfort um halb sechs morgens abrupt unterbrochen. Wir hatten gegen neun Uhr abends den Bus nochmal verlassen, um ein paar dosa mit chutney und sambal zu uns zu nehmen und haben uns danach wieder in unsere Decken gewickelt. Als der Fahrer uns dann ein zweites mal weckte, verstanden wir erstmal gar nicht, was er denn wollte. Ich war kurz davor mich einfach wieder hinzulegen und weiterzuschlafen, aber der arme Fahrer lies nicht locker. Ein Telefonat später wurde uns von dem deutsch-indischen Pfarrer, Father Roy, erklärt, dass wir den Bus verlassen sollen, da dieser wegen einer Umleitung nicht dorthin fahren konnte, wo wir eigentlich aussteigen wollten, nämlich im Stadtzentrum von Polur. Da der Bus noch dazu unter Zeitdruck stand, packten wir eilig unsere sieben Sachen und schwupps, schon standen wir alleine am dunklen Vorstadtstraßenrand. Gegenüber liefen ein paar Gestalten auf einer Tankstelle herum, ein Stück weiter waren einige Männer gerade dabei, einen Shop zu öffnen. Ein Fahrradfahrer passierte uns, nicht ohne uns noch mal ausgiebig zu begutachten, bevor er außer Sichtweise geriet.
Merkwürdige Situation. Am Telefon hatte Father Roy gesagt, dass unser Abholdienst schon unterwegs sei. Aber wussten die auch, wo wir jetzt waren? Wie weit waren wir eigentlich von unserer planmäßigen Endstation entfernt?
Gerade, als wir entschieden hatten, dass es am sicherer sei an der Tankstelle zu warten und uns daran machten, die Straße mit unseren drei Rucksäcken zu überqueren hielt ein Jeep am Straßenrand, dessen Fahrer uns abschätzend beobachtete. Der junge Mann steig schließlich verunsichert aus und sprach uns auf deutsch an. Ob wir nach Arni zu Father Roy wollten. Na, das ging doch wirklich einfacher als gedacht. Wir verfrachteten also unser Gelärsch in das Auto und der Fahrer mit Namen Indira Kumar brachte uns zum Konvent, wo wir die nächsten Tage und Neujahr verbringen würden.
Nachdem wir uns dann
ausgeschlafen hatten und uns mit einem fabelhaften Mittagessen und
viel Kaffee gestärkt hatten, nahm uns Father Roy gegen Abend mit zu
einer ,Hill Station‘‘ (ein Hotel in den Bergen), in welchem wir
mit der Familie seines Bruders eine Nacht blieben.
Da der Ort ein
beliebtes ,,Touristen-‘‘ (Inder die Urlaub in Indien machen) Ziel
war, gab es einige Freizeitparks, denen am nächsten Morgen ein
Besuch abgestattet wurde.
Als erstes hieß es
also für uns ab auf den See und rein ins Tretboot, mit welchem wir
neben zahlreichen anderen Frühaufstehern eine Runde über das ruhige
Wasser drehen durften. Danach wurden wieder den obligatorischen
Fahrgeschäften ein Besuch abgestattet, wobei sie hier genau so alt
aussahen wie in dem Freizeitpark in Ooty. Nichts desto trotz wurde
das „Riesenrad“ und die Schiffschaukel ausprobiert und das ganze
wurde als nicht wiederholenswert abgestempelt. Trotz meines
zwischenzeitlichen Bangens um die Stabilität der Aufhängung meiner
Gondel, es war eine Erfahrung.
Anschließend gingen
wir in einen Vogelpark (wobei es auch andere Tiere gab) und durften
Hasen streicheln, kleine Kühe begutachten oder Vögel auf unserem
Arm füttern.
Auch ein riesiges
Mittagessen mit vielen schmackhaften Gerichten durfte nicht fehlen
und so machten wir uns am zweiten Tag sehr satt auf den Rückweg zum
Konvent.
Am nächsten Tag
ging es dann mit ein paar Mädchen des Konvents auf in die Stadt
(Arani) und uns wurden die Sehenswürdigkeiten (die Bushaltestelle
und der Sportplatz^^) gezeigt. Nachdem ein paar Jungs versucht
hatten, uns die Grundlagen von Cricket beizubringen, zeigten uns die
Mädchen noch ihr Zuhause. Sie leben alle in einem großen Camp, das
aus vielen kleinen ca 10 Quadratmeter großen Wohnungen besteht und
sich unter einem riesigen Wellblechdach befindet. Die Mädchen sind
Kinder von Flüchtlingen, die vor 30 Jahren von Sri Lanka aufs
Festland kamen. Obwohl sie hier geboren sind, haben sie keine
indische Staatsbürgerschaft und müssen sich selbst ebenfalls als
Flüchtlinge bezeichnen. Ihnen und ihren Familien ist die Ausübung
gewisser Berufe untersagt und sie dürfen auch nicht alles studieren.
Als wäre das nicht schlimm genug hat die momentane Regierung
kürzlich ein Gesetz verabschiedet, das für sie alle die Abschiebung
bedeuten kann. Nach mehr als 30 Jahren, die sie hier schon leben.
Nachmittags macht
Kumar mit uns und den Mädchen eine Tour durch die nähere Umgebung
und zeigte uns einer berühmten Kirche auf einem Hügel mit sehr
schönere Aussicht.
Abends verpassten
wir dann erstmal das Abendessen und sobald wir das Father Roy
mitgeteilt hatten sorgte dieser sogleich für einen angemessenen
Ersatz: Kuchen.
Nachdem wir dann
Silvester in einer viel besuchten Messe verbracht hatten (es waren so
viele Leute da, dass sie draußen gehalten werden musste), war es
halb drei Uhr morgens und es gab wieder… Kuchen :D
Davon kann man als
Inder anscheinend wirklich nicht genug bekommen. Tatsächlich war
dieser Kuchen aber überraschend lecker, im Gegensatz zu den
vorherigen Exemplaren, die wir schon verzehren durften.
Am ersten Tag des
neuen Jahres wurden wir von den Schwestern des Konvents um zehn
geweckt und machten uns wieder mit Kumar auf den Weg, diesmal in
Begleitung dreier Jungs. Die heutige Sightseeingtour begann damit,
dass wir erstmal den klapprigen Jeep, der uns auch nach unserem
Rausschmiss aus dem Sleeperbus abgeholt hatte, anschieben durften,
was sich im Laufe des Tages noch zahlreiche Male wiederholte.
Anschließend ging es als erstes zum Bahnhof nach Vellore, wo wir
unsere Rückfahrtstickets buchten. Dann folgte die Besichtigung eines
großen Tempels in Vellore, der von einer imposanten Festung umgeben
war. Natürlich fing es genau dann an zu regnen, als wir unsere
Schuhe ausgezogen hatten (die meisten hinduistischen Tempel darf man
nur barfuß betreten). So stapften wir also gemeinsam mit hunderten
anderen Menschen durch die braunen Pfützen. Schien aber keinen außer
uns zu stören.^^
Umso erleichterter
waren wir, als wir endlich am Auto ankamen. Allerdings durften wir
sogleich wieder aussteigen, um das Auto anzuschieben :D
Da es Vellore an
Tempeln nicht mangelt ging es direkt weiter zum nächsten. Dieser war
aber einer der besonderen Art, und so durften wir uns als erstes zu
der Reihe von Wartenden gesellen, die wie wir ihre Rücksäcke
abgeben mussten. Ganz wohl war uns nicht dabei, unsere Pässe und
Handys zurück zu lassen, aber das mussten wir auf uns nehmen,
wollten wir den „golden temple“ betreten.
Also ging es weiter
und wir traten durch ein großes Tor, hinter welchem uns ein riesiges
Bild des Erbauers des Tempels erwartete. Der wird hier fast so sehr
verehrt, wie der Gott, dem der Tempel gewidmet ist. Als wir an dem
Bild vorbei gehen wollten, rief uns ein Sicherheitsmann zurück.
Niemand darf in den Tempel betreten, ohne zuvor das Bild des Erbauers
gründlich zu bewundern.
Als das erledigt
war, liefen wir gut zwei Kilometer den sternförmigen Weg zum Tempel
lang, selbigen immer guter Sicht, er befindet sich nähmlich im
Zentrum des Sterns.
Abschied in Vellore |
Der Tempel selbst
war wie alle Hindutempel, die wir bisher gesehen haben, kunstvoll und
detailverliebt verziert, nur das diesmal eben alles aus „Gold“
war (oder auch nur vergoldet, was uns deutlich wahrscheinlicher
erschien). Haufenweise Menschen blockierten den Weg, aber Kumar
packte seine besten Vordrängel-skills aus, sodass wir Mühe hatten,
ihm zu folgen.
Am Beginn der
Schlange von Wartenden angekommen erhaschten wir einen kurzen Blick
in das Innere des Tempels, in dem gerade eine hinduistische Zeremonie
abgehalten wurde.
Denn kehrten wir dem
Geschehen auch schon wieder den Rücken zu, passierten noch eine von
Menschen umringte, goldene Kuh und verließen dann den Schauplatz.
(Wir haben auch tatsächlich alle unsere Wertsachen wieder
bekommen^^).
Unser letzter Tag in
Arani war ein sehr entspannter, an dem vor allem geschlafen, gegessen,
ein bisschen Wäsche gewaschen, wieder geschlafen und Teile dieses
Blogartikels geschrieben wurden :D
Am nächsten Morgen
ging es dann früh los Richtung Bahnhof, dann sechs Stunden in einem leider ziemlich vollen Zug nach Coimbatore und anschließen mit Zug
und Bus wieder „nach Hause“ nach Kotagiri. Schon witzig, wie
schnell man sich an einen Ort gewöhnt, denn es fühlte sich
tatsächlich sehr heimisch an, als wir wieder in unseren mit dicken
Wolldecken bestückten Betten lagen. :)
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