Von Dorfoberhäuptern, Musiklehrern und einem "freien" Tag


Soo, hier sind wir auch schon wieder, denn seit dem letzten Blogartikel sind einige neue Dinge passiert.

Inhalt: Der falsche Van/ MC Dorfoberhaupt/ Havoor School/ Erst die Arbeit, dann das… Arbeiten


Der falsche Van


Letzten Mittwoch hatten wir ein Meeting mit Alphonse und den Mitarbeitern der Organisation, die ihre einzelnen Projekte vorgestellt haben. Da wir diese jedoch im Laufe unserer Zeit hier besuchen werden, kommen die Erläuterungen dazu später.
Abends sind wir dann mit Alphonse und seiner Frau losgezogen, um uns indische Kleidung zuzulegen. Der Laden in den wir dazu gingen hatte eine riesige Auswahl an in Plastikbeuteln verpackten Churidar, saris und anderen Accessoires. Als wir den Laden betraten, fing die Verkäuferin nach einer kurzen Unterhaltung mit Sara an, die verschiedensten Churidar vor uns auszubreiten (eine Churidar besteht aus entweder einer Pluderhose oder einer Leggins, einem kleidartigen Oberteil und
einem Schal).

Wir – zunächst komplett überfordert – sollten uns nun jeweils für zwei entscheiden. Als wir schließlich unsere Favoriten ausgesucht hatten, ging es für Alphonse und Sara ans verhandeln. Wir verstanden natürlich nichts davon, aber die beiden haben den Preis um ein gutes Stück gesenkt.
Im Endeffekt haben wir für eine Churidar ca. 7€ bezahlt.
Ein ziemlich gutes Angebot, wobei unsere Churidars auch nicht den Qualitätsstandard mancher Individuen erfüllen würden ;).
 
Als wir auf dem Rückweg wieder in Alphonse Van steigen wollten, sah in der Dunkelheit einer der anderen Vans unserem verdächtig ähnlich. Wo Katharina S das Glück hatte, dass die Tür auf ihrer Seite noch abgeschlossen war, als sie versuchte sie zu öffnen, blieb mir dieses leider verwehrt.
So öffnete ich die Tür und war kurz davor einzusteigen, unterließ dies jedoch, als ich eine andere Inneneinrichtung vorfand. Als die anderen mich zusätzlich noch zu rufen begannen, schloss ich die
Tür wieder und vernahm kurz darauf von dem Besitzer des Vans ein fröhliches ,,no problem‘‘.


 Die Mitarbeiter von Island Trust: Ganz rechts Alphonse und seine Frau, ganz links die erwähnten Kumar und Thiru (bitte entschuldigt die schlechte Qualität)



 

MC Dorfoberhaupt



Am nächsten Morgen ging es dann richtig los: Wir durften zwei der Schulen besichtigen, an denen wir später unterrichten würden (insgesamt werden es 4 sein).
Uns wurden die Lehrer der jeweilige Schulleiter vorgestellt und wir wurden durch die einzelnen Klassen geführt.
Soviel sei gesagt: Wenn jemand meint die deutschen Schulen seien in einem schlechten Zustand, der hat die indischen staatlichen Schulen noch nicht gesehen. Bilder folgen.


Nach der Besichtigung sind wir mit Thiru und Kumar, zwei Mitarbeitern der Organisation in das Tribal Village der Kota gefahren. Die beiden nahmen uns mit 2 Motorrädern durch den indischen Verkehr, wobei wir leider noch keinen Helm zur Verfügung hatten. Um unser Leben mussten wir wider Erwarten jedoch nicht bangen – die beiden sind sehr vorsichtig gefahren.
Im Village selbst haben uns der Dorfälteste und seine Frau begrüßt und sich mit uns über Familie und Berufswunsch unterhalten. Kumar musste dabei für uns übersetzen und hat einige Male lachend aufgegeben, weil wir ihn nicht so gut verstanden haben.
Der Dorfälteste erzählte uns unter anderem, dass sein Bruder einen Doktortitel in ,,Science‘‘ hat. Allgemein wirkte er trotz seiner vollständig weißen, traditionellen Stammeskleidung sehr modern (mit Smartphone und Motorrad). Uns erstaunte das etwas, da wir uns die Tribes eher abgeschiedener vorgestellt haben.

Nachdem wir ein paar Fotos mit ihm und seiner Frau gemacht haben, wollte er uns eins seiner Felder zeigen, wo Karotten, Kohl, Zucchini, Bohnen und Rotkraut auf biologische Art angebaut werden. Stolz führte er uns durch das Feld und vor allem die Zucchinipflanzen, welche sehr ausgereift waren, versetzten ihn in Extase. Als Katharina S eine Zucchini aufheben wollte, um sie zu begutachten, bestand er darauf, dass sie diese als Geschenk mitnehmen solle. Vehement versuchte sie abzulehnen, jedoch blieb das Oberhaupt bei seiner Entscheidung. So war sie dazu verdammt für den Rest des Tages (ja, auch während dem Rückweg auf dem Motorrad) eine Zucchini mit sich zu führen, welche sie einmal an mich abdrücken wollte (Not true! Ich hab nur „halt‘ mal kurz“ gesagt, als ich was in meine Rucksack einpacken wollte 😇).
So neigte sich ein weiterer Tag dem Ende zu, an welchem wir unser Mitbringsel noch mit auf einen Supermarkttrip nahmen.

Beim Rundgang mit dem Dorfältesten des Kota-Stammes durch dessen Felder





Eine der neuen Churidars in "Aktion"




Abends bekamen wir dann noch unsere Churidars zurück, die wir vormittags zum Anpassen in einen Nähladen gebracht hatten (der Großteil der indisch Frauenkleidung wird für gewöhnlich maßgeschneidert) und mussten feststellen, dass sie nicht ganz unseren Vorstellungen entsprachen. Schon beim Abmessen hatten wir die Befürchtung, dass die bevorzugte Arbeitsmethode der Näherinnen, das Augenmaß, nicht ganz so akkurat ist.


 So musste Katharina S sich in eines ihrer Oberteile hineinzwängen, während ich mit der Qualität meines einen Churidars nicht ganz zufrieden war.
Dennoch tragen wir sie bisher mit Freude und haben auch schon stolz das ein oder andere Lob eingeheimst.



 

 

 

 

 

Havoor School


Am Freitag haben wir natürlich erstmal wie es sich gehört fast unseren Bus verpasst.
Irgendwer hat so lange gebraucht (ratet mal wer haha) dass uns Kartick (ein anderer Mitarbeiter von Island Trust) und Kumar mit ihren Motorrädern zur Bushaltestelle fahren mussten.
Kumar stieg schließlich mit uns in den Bus und wir fuhren bis nach Kil Kotairi, wo wir dann Thiru trafen. Die beiden gingen mit uns in ein Teehaus, denn natürlich wurde erstmal Tee getrunken. Dabei wurden wir mal dazu „gezwungen“, uns hinzusetzen, während die anderen beiden standen.
Anschließend führten sie uns zum Van und unsere Reise ging weiter zur Havoor School, an welcher auch unsere Vorgänger viel unterrichtet haben.
Für diese haben Tim und Adriana auch den Van und die Vokabelboxen angeschafft (mehr dazu auf deren Blog).

Die Lehrer haben uns sehr herzlich aufgenommen auch wenn aller Anfang aufgrund von Sprachbarrieren schwierig war. Doch ein gemeinsamer Humor und Nallamuthus Musikunterricht für uns brach schließlich das Eis.
Mich hatte er beispielsweise beim (unglaublich leckeren) Mittagessen gefragt, wie viel ich wiegen würde. Als ich ihm die Antwort darauf gab, meinte er nach unserem Indienbesuch seien da noch 10 Kilo drauf (Opfer number 1), sodass mein Vater sich fragen würde, warum er auf einmal 2 Töchter hätte. (Hallo Papa, falls du das liest, soweit wird es nicht kommen).
Auch die Kinder haben uns unheimlich fröhlich und voller Begeisterung aufgenommen, sodass wir uns gleich wohlgefühlt haben. Allerdings hat diese Grundschule mittlerweile einen sehr guten Ruf und auch der Englischunterricht ist auf einem tollen Niveau, sodass wir hier voraussichtlich nur eine Woche unseres Freiwilligendienstes verbringen werden.


Den Tag endete damit, dass wir den gefühlt einzigen funktionierenden ATM (Geldautomat) der Stadt leerten (kein Spaß: nachdem wir beide Geld abgehoben hatten zeigte der Automat den Satz „temporary out of service“ an; etwas unangenehm, dass wir danach an der Schlange wartender Inder vorbei laufen mussten, die auch Geld abheben wollten… aber anscheinend passiert so was hier öfter 😄).


Das bei den Schülern sehr beliebte Spiel Carrom, Havour-Primary-School




Am nächsten Tag durften wir dann auf die Einladung von Mr Nallamuthu nochmal in die Grundschule fahren (Samstagunterricht ist keine Seltenheit), wobei wir diesmal sehr zeitig losgelaufen sind und dann trotzdem über eine Stunde auf den Bus warten durften, weil der Eigentliche ausgefallen (?) war. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass wir immer noch nicht herausgefunden haben, wie man einem Bus ansieht, wo er hinfährt. Kann also auch gut sein, das der richtige Bus einfach im Trubel des indischen Verkehrs an uns vorbei gefahren ist.
Gegen elf Uhr kamen wir dann endlich an und wurden sogleich mit vielen lauten „good morning ma‘am“s der Kinder begrüßt. Diese trugen heute statt der hier üblichen schuleigenen Uniform normale Alltagskleidung. Kurz nach unserer Ankunft wurden alle Kinder im office room versammelt. Sie setzten sich alle auf große Decken auf dem Boden, denn jetzt war movie time. Der Beamer an der Decke wurde angeschaltet und für die nächsten knappen zwei Stunden lauschten wir einem irakischen Bestseller namens „Children of heaven“. Anschließend bekamen die Kinder ihr Mittagessen ausgeteilt und auch für unsere leibliches Wohl wurde mal wieder bestens gesorgt. Es scheint üblich zu sein, dass der Teller eines Gastes, sobald sich die Möglichkeit abzeichnet, dass er tatsächlich leer gegessen werden könnte, sofort wieder neu bestückt wird. So wurde uns auch schon des Öfteren berichtet, wie viel unsere Vorgänger gegessen haben sollen und wir stoßen oft auf Unverständnis, dass wir nach der dritten Portion „schon“ nicht mehr können. ;P

Nach dem Mittagessen blieb wieder viel Zeit, um mit den Kindern zu spielen und wir durften uns unter anderem in Carrom üben, einem Billard-ähnlichem Brettspiel. Man kann nur sagen: ein wirklich schöner Schultag😊.

Nachmittags durften wir mit Mr Nallamuthu und einigen seiner Schüler im Schul-Van zurück nach Kotagiri fahren und deren Musikschule dort besichtigen. Mit „einigen“ meine ich aber nicht etwa eine Hand voll Kinder, wie es für einen Achtsitzer angebracht gewesen wäre. Stattdessen befanden sich schließlich 19 Personen in dem kleinen Van, darunter zwei Erwachsene (!) auf dem Beifahrersitz (keine Ahnung, wie sie das ausgehalten haben) und neben uns noch sechs Kinder auf der ersten Rückbank, weitere acht auf der zweiten Rückbank. Ihr könnt uns glauben, es war kuschelig.
In der Musikschule angekommen wurden wir zuerst von einigen Mädchen in Beschlag genommen, die in einem Raum voller E-Pianos ihre Stücke übten. An der Schule gab es nur einen Lehrer, daher war unsere pseudo-professionelle Hilfe beim Noten lesen und Akkorde finden sehr willkommen. Während Katharina M. etwas später die Gelegenheit bekam, sich an einem Schlagzeug auszutoben durfte ich eine indische Querflöte bewundern – ohne die geringste Ahnung zu haben, wie sich so etwas spielen lassen soll.




Erst die Arbeit, dann das… Arbeiten


Gegen Ende der Woche haben wir uns auf unseren einzigen freien Tag gefreut: Sonntag.
Jedoch wurde aus diesem Tag ein sehr Geschäftiger: zunächst ging es ans Wäsche waschen, wozu uns zum Glück eine Waschmaschine zur Verfügung steht. Da dies keine wirklich spannende Tätigkeit ist, soll sie im Folgenden auch nicht weiter erläutert werden.
Als ich jedoch die Kleidungsstücke aufhängen wollte, erschienen Kumar und Thiru um unser leider  undichtes Dach zu begutachten, vor denen sich eine vielseitige Auswahl an Damenunterwäsche auf der Wäscheleine befand.
Sehr interessant.

Danach folgte ein Meeting auf Tamil, dessen Inhalt Alphonse zwischendurch für uns übersetzte.
Es ging um ein Projekt, Tamil Nadu wieder zu bewalden (Tamwed), zu welchem Zweck sogennante ,,Seed Bowls‘‘ von verschiedenen Personen gesponsort werden. Dazu aber später mehr.
Nach dem Meeting aßen wir gemeinsam mit den anderen Teilnehmern auf dem Dach zu Mittag.
Typisch indisch gab es Curry mit Reis, welches wir ausgeteilt bekamen. Auf Alphonse Frage, ob das Essen scharf sei, antworteten wir blöderweise mit ,,Nein es geht‘‘ woraufhin er uns beiden nochmal 2 Löffel Curry auf den Teller kippte.
Um unsere Tränen zu verbergen, fingen wir an zu lachen und versuchten unauffällig der Katze unser Curry zu geben😅 (ihr war das offenbar jedoch auch zu scharf und so blieb es auf der Terrasse liegen, bis große tropische Vögel es holten).
Durch den Schleier unserer Tränen konnten wir den amüsierten Alphonse sehen, welcher uns von etwas weiter weg beobachtete.
Hahaha…

 Nach diesem wundervollen Erlebnis haben wir den restlichen Tag unsere Wohnung ausgiebig geputzt (die Sauberkeit hielt nicht lange, da mehrere "Überschwemmungen" durch verschiedenste Löcher in unserem Dach folgten).
Abends waren wir dann noch bei Alphonse und seiner Familie zum Abendessen eingeladen und so hatten wir natürlich sehr viel Zeit, unseren Unterricht für den darauffolgenden Tag vorzubereiten😜.


In dieser Woche, besteht unsere Aufgabe darin, an der Milithene-high-school zu unterrichten. Über unsere Erfahrungen dort berichten wir euch im nächsten Blogpost :)



Bis bald und liebe Grüße,
Eure Katharinas 


 

PS: Tatsächlich war dieser Blogartikel schon vor einigen Tagen fertig, aber leider haben wir etwas Probleme mit dem Internet, desswegen konnten wir ihn erst jetzt hochladen.

Kommentare

  1. Hallo ihr beiden Katharinas, das klingt nach unglaublich vielen neuen Eindrücken . Gerne hätte ich Katharina Steinmann in Ihrem churidar bewundert. Welche Farbe hat er denn?
    Viel Glück weiterhin LG Bärbel

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    1. Hallo! Wir haben bisher aus irgend einem Grund leider sehr wenige Bilder gemacht, da kommt auf jeden Fall noch mehr :)
      Momentan besitzen wir beide jeweils zwei Churidar, bei mir haben da bisher die Farben Blau und Rot gewonnen.
      Liebe Grüße an alle!

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